Training bei kalten Temperaturen

Während ich diesen Artikel schreibe, hat es draußen -2°C. Doch auch bei kalten Temperaturen ist Bewegung für Pferde wichtig. Um Trainingseinheiten bei kalten Temperaturen sinnvoll zu gestalten, ist es wichtig eininge Punkte zu berücksichtigen:

Haltungsbedingungen im Winter

Wenn wir den Alltag unserer Pferde im Sommer und Winter vergleichen, sehen wir, dass sich die Pferde im Winter grundsätzlich weniger bewegen als im Sommer. Das liegt vor allem an unseren Haltungsbedingungen, denn in den meisten Ställen steht den Pferden im Winter sowohl weniger Fläche als auch weniger Zeit im Freien zur Verfügung.

Auch von Natur aus bewegen sich Pferde bei kalten Tempereaturen generell weniger, um Energie zu sparen und das Risiko zu minimieren zu schwitzen und danach auszukühlen.

Erwärmung durch Bewegung:

Bewegung hat einen großen Einfluss auf den Wärmehaushalt des Pferdes. Da die Durchblutung durch kalte Temperaturen reduziert wird, ist ausreichend Bewegung essentiell, um alle Körperfunktionen aufrechtzuerhalten.

Atmungssystem des Pferds:

Das Atmungssystem der Pferde ist sehr komplex und spezialisiert. Dies wird auch durch die Länge der Atemwege verdeutlicht. Bevor die eingeatmete Luft die Lunge erreicht, passieren viele spezialisierte Schritte in den Atemwegen. Die wichtigsten Funktionen dabei sind

der eingeatmeten Luft. Diese Schritte beginnen bereits im Nasengang. Anschließend strömt die Luft weiter durch die Luftröhre, die mit einer Schleimschicht ausgekleidet ist. Dort befinden sich haarartige Vorsprüngen (sogenannte Zilien). Diese stellen eine Abwehrbarriere dar, indem sie Reizstoffe, Flüssigkeit und Erreger fangen, bevor sie die Lunge erreichen. Zusätzlich gibt es Reflexe (wie Husten und Niesen), durch die Reizstoffe, Flüssigkeit und Erreger entfernt werden. In der Lunge befinden sich zusätzlich spezialisierte Immunzellen in den Bronchiolen und Alveolen.

Pferde atmen ausschließlich über die Nase ein und aus. Während sie im Ruhezustand nur etwa 10 Mal pro Minute ein- und ausatmen, können sich diese Atemzüge während des Trainings um mehr als das Zehnfache steigern. Die maximale Sauerstoffaufnahme eines Pferdes bei maximaler Anstrengung ist etwa 40-mal höher als die Sauerstoffaufnahme in Ruhe. Diese Steigerung ist weitaus größer als bei menschlichen SpitzensportlerInnen, deren maximale Sauerstoffaufnahme sich nur um das  6- bis 8-fache erhöht.

Anstrengung bei kalten Temperaturen:

Vollbringt ein Pferd eine körperliche Anstrengung, erhöht sich auch dessen Herz- und Atemfrequenz. Das hat zur Folge, dass die Luft während dieser Leistungsphase schneller in die Lunge transportiert wird als während der Ruhephase. Für die wichtigsten Funktionen des Atmungssystems (Erwärmung, Befeuchtung, Filtern) steht somit weniger Zeit zur Verfügung. Bei einer sehr hohen Atemfrequenz kann es sein, dass diese Funktionen nur eingeschränkt ausgeführt werden. Wenn kalte Luft so schnell eingeatmet wird, dass sie nicht mehr ausreichend erwärmt und befeuchtet wird, trocknen die Strukturen der Schleimhaut in der Luftröhre aus. Dadurch wird auch deren Filterfunktion reduziert, wodurch Reizstoffe und Erreger vermehrt weitertransportiert werden und in die Lunge gelangen können. Dies kann zu einer Reizung des Atmungssystems sowie einer Beeinträchtigung der lokalen Abwehrkräfte führen. Dadurch kann sich auch die Anfälligkeit für Erkrankungen und Allergien erhöhen.

Atemfrequenz und Temperatur:

Während des Trainings bei kalten Temperaturen, soll der Fokus auf einer ruhigen Atemfrequenz liegen. Das bedeutet natürlich nicht, dass jegliche Anstrengung zu vermeiden ist. Die Trainingsintensität soll immer so gestaltet werden, dass die Atemfrequenz des Pferdes an die Temperaturen angepasst wird. Als generellen Richtwert empfehlen ExpertInnen folgendes:

Prinzipiell soll die Atemfrequenz der Pferde bei kalten Temperaturen niedrig sein. Bei Temperaturen um 0°C kann die Atemfrequenz der Pferde kurzfristig erhöht werden. Fallen die Temperaturen unter 0°C, wird von einer hohen Atemfrequenz der Pferde abgeraten. Nach einer ausreichenden Aufwärmphase kann jedoch auch bei Temperaturen bis -10°C ruhige Arbeit (auch im Trab) eingebaut werden. Bei Temperaturen unter -10°C raten ExpertInnen vom Traben und sonstigen Anstrengungen ab.

Individuelle Trainingsgestaltung bei kalten Temperaturen:

Wie sensibel ein Pferd auf kalte Temperaturen reagiert hängt von folgenden Faktoren ab:

Da diese Aspekte in einem engen Zusammenhang stehen ist es wichtig sie immer aufeinander abzustimmen. Als Indikator dafür dient die Atmefrequenz des Pferdes.

Vergleichen wir die Arbeit mit 2 verschiedenen Pferden bei Temperaturen um die 0°C:

1. Pferd:

Ein Pferd in einem schlechten Gesundheits- und Trainingszustand wird bereits nach wenigen Minuten Trab eine hohe Atemfrequenz zeigen und soll daher bei kalten Temperaturen vorwiegend im Schritt trainiert werden. Dies gilt insbesondere für Pferde mit Atemwegserkrankungen oder adipöse Pferde.

2. Pferd:

Im Gegensatz dazu kann ein gesundes und gut trainiertes Pferd auch in allen Gangarten gearbeitet werden, solange die Atemfrequenz relativ gering bleibt. Kurzfristig kann die Atemfrequenz bei so einem Pferd auch erhöht werden. Ein gesundes und gut trainiertes Pferd kann und darf auch bei Temperaturen um den Nullpunkt ordentlich durchatmen, z.B. bei einem Galopp durch den Schnee.

Je gesünder und trainierter ein Pferd ist, desto mehr körperliche Anstrengung kann es bei kalten Temperaturen leisten.

Trainingstipps bei kalten Temperaturen:

Die Inhalte einer Trainingsineheit sollen immer an die physische und psychische Tagesverfassung eines Pferdes angepasst werden.

Bei kalten Temperaturen:

ist es besonders wichtig auf die Atemfrequenz des Pferdes zu achten, sodass die Funktionen des Atmungssystems (Erwärmung, Befeuchtung, Filtern) intakt bleiben.

ist eine ausreichende Aufwärmphase notwendig, bevor der Bewegungsapparat intensiver belastet wird.

sollen das Schwitzen der Pferde vermieden werden.

ist es empfehlenswert in Ruhe an der Verfeinerung der gemeinsamen Kommunikation zu arbeiten.

können gemeinsame Spaziergänge und Ausritte unternommen werden.

sind Trainingseinheiten im Schnee empfehlenswert, um Muskeln aufzubauen bzw. Fett abzubauen.

sind Wellnesseinheiten empfehlenswert, z.B. Massagen.

ist die Arbeit an der Balance empfehlenswert, z.B. auf Matten und Balance Pads.

ist die Hand-, Longe- und Freiarbeit empfehlenswert, damit auch uns Menschen warm wird.

Wie auch immer ihr die Zeit mit euren Pferden bei kalten Temperaturen verbringt, das allerwichtigste ist, dass ihr beide Freude daran habt und die gemeinsame Zeit genießt. In diesem Sinne: viel Spaß in der Kälte 😉